Ist es ein Problem, wenn sich ein nicht-jüdischer Junge in ein jüdisches Mädchen verliebt? Wie wird man überhaupt Jude? Und was bedeutet koscher eigentlich? Fragen wie diese, die sich um das jüdische Leben drehen, erscheinen zunächst vielleicht banal, aber am Ende bieten die Antworten darauf doch ganz interessante Einblicke in eine Lebenswelt, die uns nicht immer geläufig ist.
Die Gelegenheit, solche Fragen zu stellen, bot sich den Schüler/-innen der elften Jahrgangsstufe bei vier Online-Gesprächsrunden mit jungen Jüdinnen und Juden im Rahmen der Aktion „Meet a Jew“. Organisiert wird das Begegnungsprojekt vom Zentralrat der Juden (https://www.meetajew.de). Ziel ist es dabei, Jugendlichen Einblicke in die Vielfalt des jüdischen Lebens in Deutschland zu ermöglichen und dabei „auf Augenhöhe“ mit etwa Gleichaltrigen Jüdinnen und Juden zu sprechen, zu diskutieren und ihnen Fragen zu stellen, die in Länderkunden oder Schulbüchern nicht behandelt werden. Grundlage für die Gespräche bildeten Fragen, die die Geschichtskurse zusammen mit ihren Lehrer/-innen, Frau StRin Karl, Herrn OStR Dr. Schweikl und Herrn OStR Peter, notierten und die in den Gesprächsrunden als „Türöffner“ gestellt wurden. Angesprochen wurden in den sich entwickelnden Gesprächen neben den eingangs aufgeworfenen Fragen auch Themen wie etwa jüdische Feste und Traditionen, Freizeitgestaltung in jüdischen Jugendorganisationen oder das tägliche Leben in gläubigen oder säkularen jüdischen Familien. Nicht zuletzt spielte aber auch die Problematik des alltäglichen Antisemitismus, von dem alle jüdischen Jugendlichen berichteten, und die steigende Zahl an antisemitisch motivierten Straftaten leider eine große Rolle. Unsere Schule sieht es nicht zuletzt deshalb auch als ihre Aufgabe, für Toleranz und gegen Antisemitismus einzutreten; Gesprächsrunden wie diese nehmen hierbei eine wichtige Rolle ein.
Aber ist es nun ein Problem, sich als Nicht-Jude in eine/n Jüdin oder Juden zu verlieben? Nein! Natürlich nicht, Hauptsache man ist glücklich dabei 😉. Zum jüdischen Glauben überzutreten ist aber nicht einfach: Entweder man hat eine jüdische Mutter (die Religion wird über die mütterliche Linie weitergegeben) oder man konvertiert, was allerdings mehrere Jahre dauert und strenge Prüfungen beinhaltet. Und was heißt nun „koscher“? Im Grunde alles, was „erlaubt“ ist - koscheres Fleisch (z. B. kein Schwein) ist das bekannteste Beispiel. Aber auch Getränke können von einem Rabbi als koscher gekennzeichnet werden (z. B. koscherer Wein), Beziehungen können koscher sein, ja sogar einzelne Handlungen oder Gebräuche…. bei einer über dreitausendjährigen Geschichte ist halt alles ein wenig kompliziert und es gibt viele Ausnahmen und Besonderheiten. Grund genug, sich intensiver mit dieser alten Kultur auseinander zu setzen, sie kennen und lieben zu lernen. Die Gesprächsrunden von „Meet a Jew“ könnte der erste Schritt dazu gewesen sein.
StD Dr. K. Wieland