Erinnern an den Alltag in der DDR
Eine besondere „Reise in die Vergangenheit“ konnten die 11. Klassen und ihre Geschichtslehrkräfte am Dienstag im Atrium antreten. Pfarrer und Kollege Andre Urbanczyk nahm sich freundlicherweise Zeit, um unseren Schüler/innen von seiner Kindheit und Jugend in der ehemaligen DDR zu erzählen und dazu auch privates Bildmaterial zu präsentieren.
Vieles ist den Lernenden aus dem Geschichtsunterricht und der Berlinfahrt des letzten Jahres bekannt. Dinge, wie Überwachung durch die Stasi, Gefahren bei Fluchtversuchen, Freizeitgestaltung durch den Staat oder Kinderbetreuung ab der 6. Woche, wurden im Vorfeld von den Schülerinnen und Schülern genannt.
Dennoch zeigte sich rasch, dass die Erfahrungen eines Zeitzeugen, dem man auch Fragen stellen kann, dem Thema noch eine andere Qualität und Tiefe verleihen.
„Der 9. November 1989“, so begann Pfarrer Urbanczyk, entgegen unseren Erwartungen, „war nicht der schönste Tag in meinem Leben.“
Bilder von den Häusern, in denen Familie Urbanczyk wohnte, ließen den buchstäblich grauen Alltag vor den Augen der Zuhörerschaft lebendig werden. Zudem ließ uns Pfarrer Urbanczyk an ganz individuellen Erinnerungen teilhaben. So erfuhren wir, wie und was eine Schulspeisung war, was die meisten Jugendlichen von der FDJ hielten und weshalb in Herrn Urbanczyks` Zeugnis überraschenderweise neben Russisch als 1. Fremdsprache auch Englisch zu finden war.
„Das politische Tauwetter war Mitte der 80er Jahre schon spürbar,“ erzählt unser Zeitzeuge.
Die Nutzung von Westfernsehen oder -Radio wurde nicht mehr geahndet und die Schüler erzählten ohne Furcht Honecker-Witze.
Dennoch waren Gängelung und Überwachung immer spürbar. So war es Familie Urbanczyk nicht möglich einen Urlaubsort außerhalb der DDR zu besuchen oder ohne Abhörmaßnahmen mit Verwandten im Westen zu telefonieren. Überhaupt, so erfahren wir, hatten nur sehr wenige Menschen ein eigenes Telefon in der DDR.
„Wieso ist der 9. November 1989 trotz alle dem nicht der wundervollste Tag in ihrem Leben?“ wollten dann doch einige Schüler wissen. „Man muss sich vorstellen, dass alles, was man kennt, ein gesamter Staatsapparat, eine Ideologie über Nacht verschwand. Das brachte viel Unsicherheit mit sich und stellte uns vor große Herausforderungen.“ erläutert Pfarrer Ubanczyk.
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StRin U. Karl